Die Kosten für die Herstellung von grünem Wasserstoff weisen weltweit eine hohe Bandbreite auf. Wasserstoff lässt sich durch Elektrolyse an den besten Wind- oder Solarstandorten der Welt rund 40 Prozent günstiger als in Deutschland herstellen. Dies liegt an den schlechteren Potenzialen für erneuerbare Energien in Deutschland. Allerdings ist der Import nach Deutschland mit teils hohen Transportkosten verbunden. Wird der Wasserstoff per Schiff transportiert, so liegen sie etwa in derselben Größenordnung wie die Herstellungskosten.
„Insgesamt ist der Import von grünem Wasserstoff je nach Szenario nur dann günstiger als die heimische Herstellung, wenn er über umgewidmete Erdgas-Leitungen aus Ländern mit hohem Solar- oder Windpotenzial eingeführt wird“, sagte Max Schönfisch, Research Associate am Energiewirtschaftlichen Instituts (EWI) an der Universität zu Köln, beim Auftakt der neuen digitalen Workshopreihe EWI Insights. „In dem Fall würde der Vorteil geringerer Erzeugungskosten im Ausland beispielsweise in Spanien oder Norwegen den Nachteil höherer Transportkosten leicht überwiegen.“
Damit Deutschland bis 2050 klimaneutral wird, muss auch die Industrie ihren Beitrag zur Dekarbonisierung leisten. Derzeit sind manche Schlüsseltechnologien technisch allerdings noch nicht ausgereift. Dies führt zu Unsicherheiten hinsichtlich der Mehrkosten und der Rentabilität von Investitionen. EWI Research Associate Samir Jeddi stellte ein Instrument vor, mit dem der Staat die Industrie unterstützen könnte: die sogenannten Carbon Contracts for Differences (CCfDs). Diese sind auch Teil der Nationalen Wasserstoffstrategie der Bundesregierung. Ziel dieses Instruments ist es, Preisrisiken für CO2-Zertifikate abzusichern und so die Finanzierungskosten für Unternehmen zu reduzieren.
CCfDs sind Verträge etwa zwischen Staat und Unternehmen (z.B. ein Stahl-Produzent), in denen beide einen Preis festlegen („Strike-Preis“), welcher im Idealfall den CO2-Vermeidungskosten des Unternehmens für eine Investition entspricht. Wenn der realisierte CO2-Preis im europäischen Emissionshandel geringer ist als der Strike-Preis, dann erhält das Unternehmen die Differenz vom Staat. Liegt hingegen der realisierte CO2-Preis über dem vereinbarten Strike-Preis, dann zahlt das Unternehmen die Differenz an den Staat.
„Das CO2-Preisrisiko ist allerdings nur dann durch CCfDs vollständig abgesichert, wenn der CO2-Preis vollständig an die Endverbraucher weitergegeben wird“, sagte Samir Jeddi. „Dies ist in den meisten Branchen aufgrund des internationalen Wettbewerbs und der heterogenen internationalen CO2-Bepreisung nur teilweise möglich.“ In Folge könne es dazu kommen, dass sich Unternehmen „zu stark“ absichern („Over-Hedging“). Der CCfD würde sich damit von einem Instrument der Risikoabsicherung zu einer (teilweisen) Spekulations-Position wandeln, sein eigentliches Ziel also konterkarieren. Das genaue Design der CCfDs sei daher entscheidend.
Beim Auftakt der Veranstaltungsreihe EWI Insights haben knapp 100 Teilnehmende über Bezugsoptionen und Förderinstrumente von Wasserstoff diskutiert. Die beiden EWI Research Associates Max Schönfisch und Samir Jeddi präsentierten aktuelle Forschungsergebnisse des EWI. Moderiert wurde die Veranstaltung von Dr. Simon Schulte, der die Wasserstoff-Forschung am Institut leitet. Die neue Online-Workshop-Reihe findet etwa viermal jährlich statt und richtet sich an Fachleute aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik, die an wissenschaftlichen Erkenntnissen aus der Energiewelt interessiert sind.