Die Wärmewende erfordert eine passgenaue Koordination individueller Investitionsentscheidungen und zentraler Infrastrukturplanung. Als Erfüllungsoption kommen dabei beispielsweise strombasierte Wärmepumpen für einzelne oder mehrere Gebäude sowie Wasserstoffheizungen in Frage. Eine langfristig effiziente Planung der Wärmeinfrastruktur hängt dabei auch von Erwartungen über die Entwicklung des Wasserstoffpreises ab. Dies liegt zum einen am zukünftigen Einsatz von Wasserstoff in der Stromerzeugung und zum anderen an der grundsätzlichen Möglichkeit, Wasserstoff im Gebäudesektor direkt zum Heizen und zur Warmwasserbereitung zu nutzen.
In der Analyse „Zieltechnologien der Wärmewende – Wegweiser für eine zukunftsgerichtete Infrastrukturplanung“ untersucht das Energiewirtschaftliche Institut an der Universität zu Köln (EWI) das volkswirtschaftliche Zielbild einer klimaneutralen Wärmeversorgung, also einer abgeschlossenen Wärmewende. Hierzu wird eine techno-ökonomische Betrachtung für zwei beispielhafte Straßenabschnitte im Kölner Stadtgebiet durchgeführt. Die ermittelten Zieltechnologien begründen hierbei keine unmittelbare Handlungsempfehlungen für Haushalte, sondern setzen Leitplanken für strategische Entscheidungen von Kommunen. Die Analyse wurde durch die „Förderinitiative Wärmewende“ der Gesellschaft zur Förderung des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu Köln e.V. gefördert.
Der Aufbau neuer Infrastrukturen, beispielsweise von Wärmenetzen, erfordert eine sorgfältige, langfristige Planung. Auf Basis eines Vergleichs der Wärmegestehungskosten der verschiedenen Technologieoptionen lässt sich abschätzen, wie hoch die heute noch unbekannten Kosten dieser Infrastrukturen maximal sein dürfen, bevor eine Alternative wirtschaftlicher wäre. Diese vom EWI als maximal additional unknown cost (MAUC) bezeichneten Kosten hat das Team mit Erfahrungswerten bestehender Infrastrukturen, beispielsweise Gas- oder Wärmenetzen, verglichen.
In der Analyse wird gezeigt, dass für Gebiete mit städtischer Bebauung Großwärmepumpen sowie je nach Annahmen Wasserstoffheizungen die wirtschaftlichen Technologien sein können. Bei Großwärmepumpen ergeben sich Skaleneffekte und dadurch Kostenvorteile gegenüber dezentralen Wärmepumpen für einzelne Wohngebäude. In den vom EWI-Team untersuchten Beispielgebieten wären dezentrale Wärmepumpen daher nur dann wirtschaftlich, wenn Wärmenetzkosten in Zukunft deutlich über den historischen Werten lägen.
„Unsere Berechnungen zeigen, dass, abhängig von der Kostenentwicklung des Energieträgers Wasserstoff, im städtischen und vorstädtischen Bereich langfristig Großwärmepumpen die wirtschaftlichste Option für die Wärmeversorgung sein könnten“, sagt Philipp Artur Kienscherf, Senior Research Consultant am EWI, der die Analyse zusammen mit Nicole Niesler und Michael Moritz erstellt hat. Die EWI-Analyse zeigt, dass dies selbst bei niedrigen Energieeffizienzstandards der Fall sein kann.
„In den betrachteten Beispielgebieten könnten Wasserstoffheizungen hingegen nur dann wirtschaftlich werden, wenn für den Gebäudesektor Wasserstoff in ausreichend großen Mengen zu Preisen um 100 EUR/MWh oder darunter zu Verfügung stünde“, so Kienscherf. Zudem seien die Wärmegestehungskosten von Wasserstoffheizungen in deutlich größerem Ausmaß mit der unsicheren Entwicklung der Wasserstoffverfügbarkeit und -preise verbunden als die von Wärmepumpen.
Das Wissen über potenzielle Zieltechnologien der Wärmewende und deren relevante Einflussfaktoren ermöglicht eine strategische Ausrichtung der Wärmeinfrastruktur. Dabei sollte der Fokus gleichermaßen auf der Kosteneffizienz sowie einer Risikobewertung liegen. Die MAUC können Orientierungspunkte für diese Herausforderung liefern. In der Analyse werden Zieltechnologien aus der Perspektive eines statischen, zukunftsorientierten Infrastrukturbetriebs betrachtet. Nicht berücksichtigt werden individuelle Entscheidungen sowie regulatorische Rahmenbedingungen, wie das Mieter-Vermieter-Dilemma oder der Zeitrahmen der kommunalen Wärmeplanung sowie die Dauer von Transformationsprozessen.