Blauer Wasserstoff: Analyse von Kosten und Regulatorik

Blauer Wasserstoff: Analyse von Kosten und Regulatorik
3. Februar 2025 |

Blauer Wasserstoff wird derzeit als Brückentechnologie für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft diskutiert. Das EWI analysiert in einer aktuellen Kurzstudie die techno-ökonomischen und regulatorischen Herausforderungen.

Die EU-Kommission konsolidiert derzeit einen delegierten Rechtsakt zu kohlenstoffarmen Brennstoffen. Damit sollen u.a. die Emissionsgrenzwerte für blauen Wasserstoff und seine Derivate wie Ammoniak und synthetisches Kerosin definiert werden. In internationalen Klimaneutralitätsstudien spielt blauer Wasserstoff, produziert aus Erdgas mit CO2-Abscheidung, eine Rolle als Brückentechnologie. In den deutschen Klimaneutralitätsstudien spielt blauer Wasserstoff derzeit nur eine untergeordnete Rolle. Außerdem ist die CO2-Speicherung in Deutschland zum aktuellen Zeitpunkt gesetzlich untersagt.

Vor diesem Hintergrund untersucht das Energiewirtschaftliche Institut (EWI) an der Universität zu Köln in der Kurzstudie „Low-Carbon Hydrogen – a techno-economic and regulatory analysis” neben einer technoökonomischen Analyse auch regulatorische Aspekte der Produktion und des Einsatzes von blauem Wasserstoff in Deutschland und der EU. Die Kurzstudie wurde von der Förderinitiative Wasserstoff der Gesellschaft zur Förderung des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu Köln e.V. gefördert.

Mögliche Kostenvorteile bei Produktion von blauem Wasserstoff in Deutschland

Blauer Wasserstoff wird hauptsächlich durch die Dampfreformierung von Erdgas gewonnen, bei der das entstehende Kohlendioxid abgeschieden und gespeichert wird. In der techno-ökonomischen Analyse wurden die Kosten für drei Szenarien untersucht. Das benötigte Erdgas wird in allen betrachteten Szenarien aus Norwegen bezogen. Die Dampfreformierung und die CO2-Speicherung hingegen erfolgen in den Szenarien entweder in Deutschland oder in Norwegen.

Die Kosten von in Deutschland oder Norwegen produziertem blauen Wasserstoff könnten, bei einem Erdgaspreis von 45 EUR/MWh, zwischen 3,40 und 3,85 EUR/kg liegen. Ein wesentlicher Kostentreiber sind die Kosten für das benötigte Erdgas, die bis zu 60 Prozent der Gesamtkosten ausmachen könnten. „Aufgrund geringerer Kosten für den Transport von CO2 statt Wasserstoff, könnte es bei gleichem Erdgaspreis kostengünstiger sein, blauen Wasserstoff in Deutschland zu produzieren statt in Norwegen“, sagt Dr.-Ing. Ann-Kathrin Klaas, die die Analyse zusammen mit Felix Schäfer, Carina Schmidt und David Wohlleben verfasst hat.

Abbildung 1: Szenario-basierte spezifische Kosten von blauem Wasserstoff.

Blauer Wasserstoff als Brückentechnologie in Europa vorgesehen

Blauer Wasserstoff wird als kurz- bis mittelfristige Ergänzung zu grünem Wasserstoff diskutiert, der mit erneuerbarem Strom und einem Elektrolyseur produziert wird. Weltweit sind derzeit 20 Projekte zur Produktion von blauem Wasserstoff in Betrieb mit einer Produktionskapazität von ca. 19 TWh Wasserstoff pro Jahr in Summe. Bis zum Jahr 2030 sind weitere 147 Projekte angekündigt, sodass die Produktionskapazität auf über 500 TWh pro Jahr ansteigen könnte. Im World Energy Outlook 2024 der International Energy Agency wird der Einsatz von blauem Wasserstoff global auf etwa 20 bis 25 Prozent des gesamten Wasserstoffbedarfs im Zieljahr 2050 geschätzt. Im Ten Year Network Development Plan (TYNDP) der EU ist blauer Wasserstoff eine Übergangstechnologie mit einem Anteil an der Gesamtnachfrage nach Wasserstoff von mehr als 20 Prozent im Jahr 2030 und nur noch 4 Prozent im Jahr 2040.

In einem aktuell diskutierten delegierten Rechtsakt der EU wird blauer Wasserstoff, der unter die Kategorie kohlenstoffarmer Wasserstoff (eng: low-carbon hydrogen) fällt, mit einer Emissionsminderung von 70 Prozent im Vergleich zu fossilem Erdgas definiert. Somit wären maximal Emissionen von 3,4 kg CO2 äq./ kg H2 bei Betrachtung der gesamten Wertschöpfungskette erlaubt. Blauer Wasserstoff ist somit nicht klimaneutral. Die Analyse des EWI zeigt, dass eine minimale Abscheidungsrate von 88 Prozent nötig ist, um den Grenzwert zu erreichen. Der Prozess der CO2-Abscheidung ist zwar schon kommerziell etabliert, hohe Abscheidungsraten von bis zu 95 Prozent befinden sich aber noch in der vorkommerziellen Demonstrationsphase.

Die CO2-Speicherung in Deutschland wird im Rahmen einer Gesetzesänderung diskutiert

„Auf EU-Ebene und in Deutschland gibt es vielfältige Ziele zum Aufbau der Prozesskette von grünem Wasserstoff, z. B. hinsichtlich Elektrolyse-Kapazitäten, Importen und Einsatz in der Industrie. Explizite Ziele für den Einsatz von blauem Wasserstoff sind nicht definiert“, sagt Ann-Kathrin Klaas. Trotzdem könnte blauer Wasserstoff übergangsweise dazu beitragen, die Emissionsminderungsziele verschiedener Sektoren zu erreichen. Wasserstoff aus Erdgas-Dampfreformierung gilt nur dann als kohlenstoffarm, wenn das CO2 gespeichert und nicht weiterverwendet wird. Für den Einsatz von blauem Wasserstoff ist allerdings neben einer Wasserstoff-Infrastruktur auch der Aufbau einer CO2-Infrastruktur notwendig. In Deutschland ist die untertägige Speicherung von Kohlenstoff aktuell gesetzlich untersagt. Außerdem ist der Export von CO2 zur Speicherung in Offshore-Speichern in der EU nicht erlaubt. Es wird im Rahmen des London-Protokolls auf EU-Ebene und im Rahmen des Kohlenstoffspeichergesetzes in Deutschland über eine Änderung dieser Rechtslage diskutiert.