Im Gebäudesektor muss in diesem Jahrzehnt viel passieren, um die Klimaziele zu erreichen. Deutlich mehr Gebäude müssen saniert und Heizungsanlagen ausgetauscht werden. Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung sieht vor, „mehr privates Kapital für Transformationsprojekte [zu] aktivieren“ und zu prüfen, „welche Beiträge öffentliche Förderbanken kapitalmarktnah zur Risikoabsicherung leisten können.“ Innovative Klimaschutzverträge, die von einem CO2-Garantiefonds bereitgestellt werden, könnten hier einen Beitrag leisten, Investitionen in die energetische Gebäudesanierung oder einen Heizungsaustausch abzusichern und ggf. zu fördern.
Das Energiewirtschaftliche Institut an der Universität zu Köln (EWI) hat im Rahmen der Studie „Ein CO2-Garantiefonds für Klimaschutzinvestitionen im Gebäudesektor“ untersucht, wie ein solcher Fonds ausgestaltet und welche Förderinstrumente er neben Kapitalkostenzuschüssen nutzen könnte. Die Studie wurde mit dem Finanzwissenschaftlichen Institut an der Universität zu Köln (FiFo) im Auftrag des Zentralverbands Sanitär Heizung Klima, der Vaillant Deutschland GmbH & Co.KG und Viessmann Climate Solutions SE erstellt.
„Wir sehen, dass viele Immobilien energetisch saniert werden sollen. Doch für die Investitionsentscheidung ist es wichtig zu wissen, sie sich die Preise Energie und CO2 entwickeln, hier gibt es eine hohe Unsicherheit“, sagt Max Gierkink, Manager am EWI. „Hier setzen Klimaschutzverträge an: Sie sichern Klimaschutzinvestitionen ab, sodass sie sich auch bei unvorhergesehenen Preisschwankungen rechnen.“ Diese Verträge, auch Carbon Contracts for Difference (CCfDs) oder Differenzverträge genannt, können neben der Absicherung auch eine ergänzende Förderung gewähren.
Doch wie genau funktionieren Klimaschutzverträge?
Stellen wir uns vor, Familie Müller lebt in einem 130 m2 großen Einfamilienhaus aus den 1960er Jahren, mit einer 15 Jahre alten Gasheizung und 30 Jahre alten Fenstern. Für dieses Haus sind umfassende Sanierungsmaßnahmen – Einbau einer Luftwärmepumpe, 3-fache Verglasung der Fenster und verschiedene Dämmungsmaßnahmen – vorgesehen, die Investitionskosten in Höhe von etwa 52.000 Euro verursachen. Würden diese Sanierungsmaßnahmen nicht durchgeführt, dann fielen „Sowieso-Kosten“ für einen späteren Austausch der Heizung in Höhe von etwa 7.000 Euro (alle Werte auf 2021 abgezinst) an. Familie Müller rechnet also mit Mehrinvestitionskosten von ungefähr 45.000 Euro. Die bestehende Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) beträgt in diesem Fall ca. 18.000 Euro, womit sich die verbleibenden Mehrkosten auf ca. 27.000 Euro reduzieren.
Damit Familie Müller einen Anreiz für eine umfassende Modernisierung hat, müssten die Betriebskosteneinsparungen diese Mehrkosten mindestens abdecken. Aufgrund des geringeren Wärmebedarfs und der niedrigeren Brennstoffkosten spart Familie Müller im Zeitverlauf Betriebskosten in Höhe von ca. 16.000 Euro, sodass zusätzliche Einsparungen nur noch Mehrkosten in Höhe von ca. 11.000 Euro decken müssen. Dank des niedrigeren Wärmebedarfs (durch höhere Heizungseffizienz und Gebäudesanierung) sowie der niedrigeren Emissionsintensität des neuen Brennstoffes (Strom statt Gas) werden im Laufe der kommenden 20 Jahre außerdem 106 Tonnen CO2 eingespart. Die zusätzlichen Betriebskosteneinsparungen hängen also maßgeblich von der Entwicklung des CO2-Preises ab.
Aufgrund der unsicheren CO2-Preise besteht für Familie Müller ein Risiko, dass sich ihre Investition nicht lohnt und sogar Mehrkosten entstehen. Hier setzt der CO2-Garantiefonds mit seinen Klimaschutzverträgen an. Familie Müller lässt den notwendigen CO2-Preis von ihrer Energieberaterin schätzen, die den Antrag für den Klimaschutzvertrag beim Garantiefonds ausfüllt. Hierin wird ein Referenzpreis von 130 Euro/Tonne CO2 vereinbart. Solange der tatsächliche CO2-Preis unter diesem Wert liegt, spart Familie Müller weniger an Betriebskosten ein als es mit dem Referenzpreis der Fall wäre, und Familie Müller erhält die Differenz aus dem CO2-Garantiefonds.
Sofern der tatsächliche CO2-Preis langfristig über 130 Euro/Tonne CO2 liegt, spart Familie Müller mehr ein und zahlt die Differenz in den CO2-Garantiefonds ein. Dadurch ist für Familie Müller gewährleistet, dass sich die Sanierungsmaßnahme immer lohnt. Denn wenn der CO2-Preis zu gering ausfällt und die notwendigen Mehrinvestitionen nicht deckt, gleicht der Klimaschutzvertrag die Differenz aus. Der Netto-Förderaufwand für den CO2-Garantiefonds ist somit allein vom realen CO2-Preispfad abhängig. Je höher der tatsächlich realisierte CO2-Preis, desto geringer die Förderzahlungen aus dem Klimaschutzvertrag.
Wenn Familie Müller nicht über das nötige Eigenkapital für die Investition verfügt, könnte sie die Klimaschutzverträge grundsätzlich auch mit einer Kreditfinanzierung über den CO2-Garantiefonds kombinieren. Die Rückzahlungsraten (Annuitäten) würden sich um die Ansprüche der Familie Müller aus dem Klimaschutzvertrag reduzieren.
Je nach Lebenslage und Alter muss auch die Frage der Bonität berücksichtigt werden. Bei normalen Bankkrediten könnte Familie Müller ab einem gewissen Alter die Kreditzusage wegen unzureichender Bonität verweigert werden. Um zu verhindern, dass Klimaschutz auf den zeitlich ungewissen Generationsübergang verschoben wird (also zum Beispiel die erwachsenen, mit einer besseren Bonität ausgestatteten Kinder von Familie Müller die Investitionen erst zu einem späteren Zeitpunkt übernehmen), könnte der CO2-Garantiefonds hier die Bonitätsanforderungen senken.
Das Konzept der Klimaschutzverträge beschränkt sich in der Praxis nicht nur auf das Eigentum von Immobilien, sondern könnte beispielsweise durch Anpassungen des Mietrechts auch auf den Besitz von Mietwohnungen übertragen werden. Dies könnte ein Beitrag zur Überwindung des Dilemmas zwischen Vermietung und Miete sein.
Was die institutionelle Ausgestaltung des CO2-Garantiefonds angeht, so könnte er als nationale Förderbank für den Klimaschutz konzipiert werden, in der die Förderaufgaben und die Beschaffung der nötigen Mittel zusammengefasst sind. Zur Refinanzierung des Fördergeschäfts könnte diese Förderbank sogenannte „Green Bonds“ begeben.
„Insgesamt bietet der skizzierte CO2-Garantiefonds ein vielversprechendes Instrument, um die Klimaziele zu erreichen und könnte auch auf andere Sektoren übertragen werden“, sagt Samir Jeddi, Senior Research Associate am EWI.