In einigen Bereichen, wie der Kalk- und Zementindustrie, werden in Zukunft auch bei vollständiger Nutzung erneuerbarer Energien technisch nicht vermeidbare CO2-Emissionen bei der Herstellung von Produkten anfallen. Doch für das Ziel der Klimaneutralität müssen auch diese restlichen Emissionen vermieden oder ausgeglichen werden. Dafür wird eine CO2-Infrastruktur benötigt, die künftig CO2-Quellen mit -Senken verbindet.
Für den Aufbau einer solchen Infrastruktur müssten allerdings zunächst die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Im Policy Brief „CO2-Infrastrukturen sind wichtig für ein klimaneutrales Deutschland“ beschreibt Tobias Sprenger, Research Consultant am Energiewirtschaftlichen Institut (EWI) an der Universität zu Köln, den Status Quo von CO2-Infrastrukturen in Deutschland. Er identifiziert zudem Handlungsfelder, welche wichtige Voraussetzungen für den Hochlauf von CO2-Infrastrukturen darstellen.
CO2-Quellen sind beispielsweise Prozesse mit technisch nicht vermeidbaren Emissionen, wie in der Kalk- oder Zementindustrie. Eine Möglichkeit dafür ist das Abscheiden von CO2 am Herstellungsprozess, das so genannte Carbon Capture. Die Abscheidung funktioniert auch direkt über die Luft (DACC) oder bei der energetischen Nutzung von biogenen Energieträgern (BECC).
Nach der Abscheidung kann das CO2 dann entweder in chemischen Prozessen genutzt oder geologisch gespeichert werden (CO2-Senke). Die Speicherung von CO2 ist rechtlich derzeit lediglich im Ausland, etwa in Norwegen, möglich. Dazu existieren bereits Projekte mit dem Ziel, CO2 zu importieren und dieses geologisch – meist auf See ‑ zu speichern. „Unabhängig davon, ob das CO2 weiterverwendet oder gespeichert wird, muss das CO2 transportiert werden – dafür wird eine CO2-Infrastruktur benötigt“, sagt Sprenger.
In mehreren aktuellen Studien zur Klimaneutralität („Big 5“) wird Carbon Capture berücksichtigt – auch in der dena-Leitstudie „Aufbruch Klimaneutralität“, an der das EWI als wissenschaftlicher Hauptgutachter beteiligt war. Anwendungsbereiche und Größenordnungen unterscheiden sich zwar zwischen den verschiedenen Analysen, doch die zentralen Szenarien dieser Studien erreichen Klimaneutralität nur mit Konzepten zur CO2-Abscheidung.
Für Deutschland finden sich zwar erste Ansätze in verschiedenen Projekten und Ankündigungen, doch es fehlen derzeit noch konkrete rechtliche und politische Rahmenbedingungen. „Für Deutschland sind die nächsten Schritte, Strategien zu erarbeiten, Projekte auf nationaler und europäischer Ebene weiter voranzubringen und den Rahmen für den Aufbau einer CO2-Infrastruktur zu schaffen“, sagt Sprenger.