Die Bundesregierung plant den Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch bis zum Jahr 2030 auf 80 Prozent zu erhöhen. Dieses Ziel zu erreichen, erfordert eine große Kraftanstrengung. Alle Zahnräder – von der Ausschreibung bis hin zur Installation der Anlagen – müssten reibungslos ineinandergreifen.
Der Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP und das Osterpaket haben neue, ambitioniertere Ziele für den Ausbau erneuerbarer Energien (EE) gesetzt. Das einstige Ziel im Jahr 2030 65 Prozent des Bruttostromverbrauchs mit erneuerbaren Energien zu decken, wurde auf 80 Prozent erhöht. Gleichzeitig wurde auch die ursprüngliche Annahme eines verglichen mit den Vorjahren etwa konstanten Stromverbrauchs nach oben korrigiert: anstatt mit 595 TWh rechnet die Bundesregierung nun mit 750 TWh Bruttostromverbrauch im Jahr 2030. In der Analyse „Implikationen des geplanten Zubaus erneuerbarer Energien gemäß Osterpaket und EEG 2023“ des Energiewirtschaftlichen Instituts (EWI) an der Universität zu Köln werden die aktuellen Pläne aufbereitet und analysiert.
Im Vergleich mit aktuellen Energiesystemstudien zeigt sich, dass die neue Schätzung von 750 TWh jetzt im Einklang mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen steht. Allerdings wurde dadurch auch das Ambitionsniveau für den Ausbau erneuerbarer Energien stark angehoben. Bei einem Bruttostromverbrauch von 595 TWh hätten 476 TWh erneuerbarer Strom gereicht, um das 80%-Ziel zu erfüllen. Bei 750 TWh erhöht sich diese Zielmarke von 476 TWh auf 600 TWh Strom aus Erneuerbaren.
„Durch die korrigierte Annahme des Bruttostromverbrauchs hat sich das Ambitionsniveau für den Ausbau erneuerbarer Energien bis 2030 stark erhöht“, sagt Senior Research Consultant Tobias Sprenger, der die Analyse gemeinsam mit Felix Schäfer verfasst hat.
Das Ambitionsniveau zum EE-Ausbau ist im historischen Vergleich hoch. Zwischen 2010 und 2021 lag der Bruttozubau jedes Jahr durchschnittlich bei 2,9 GW für Wind Onshore und 4,1 GW für Photovoltaik (PV). Um die Ziele im Jahr 2030 zu erreichen, müssten jedes Jahr durchschnittlich 8,4 GW Wind Onshore und 17,4 GW Photovoltaik zugebaut werden. Die Ausbaugeschwindigkeit der Windenergie müsste sich damit bis zum Jahr 2030 im Durchschnitt etwa verdreifachen und bei Photovoltaik sogar mehr als vervierfachen.
Der notwendige Zubau steigt nicht nur durch ambitionierte Ziele, sondern auch wegen anstehender Rückbauten. Der ausgewiesene Bruttozubau ergibt sich aus der Differenz der neu installierten Leistung (entspricht dem Nettozubau) und dem Rückbau alter Anlagen. In den 2020er Jahren werden viele EE-Anlagen das Ende Ihrer Lebensdauer erreichen.
Für Wind Onshore hat das EWI den historischen und geplanten Zubau in Windenergieanlagen umgerechnet. Dabei wird berücksichtigt, dass die Größe der Windenergieanlagen im Zeitverlauf ansteigt. „Bis zum Jahr 2030 müssten jeden Tag 5,8 Windenergieanlagen errichtet werden“ so Tobias Sprenger. „Historisch lag diese Zahl bisher jedoch nur bei 3,5 Windenergieanlagen pro Tag“.