Forschende des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu Köln (EWI) haben im Rahmen der Webinar-Reihe EWI-Insights Ergebnisse einer aktuellen Analyse zu den Auswirkungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) auf Wohngebäude sowie kritischen Erfolgsfaktoren der Umsetzung der Wärmewende vorgestellt. Moderiert wurde die Veranstaltung von Max Gierkink, Manager am EWI.
Die Online-Workshop-Reihe des EWI findet seit dem Jahr 2020 etwa viermal jährlich statt und richtet sich an Fachleute aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik, die an wissenschaftlichen Erkenntnissen aus der Energiewelt interessiert sind. Forschende des EWI bieten Einblicke in aktuelle Studien und Analysen des Instituts.
Philipp Theile, Senior Research Associate am EWI, stellte im ersten Teil drei Szenarien der Entwicklung des Gebäudesektors bis 2030 vor. Diese basieren auf dem Regierungsentwurf zur Änderung des GEG vom 19. April 2023. Analysiert werden der Bestand an Heizungen, die Rate der Sanierung und die Emissionen von Treibhausgasen im Wohngebäudebestand. Mit dem Entwurf des GEG sollen die Klimaziele im Gebäudesektor erreicht und die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen reduziert werden. „In allen betrachteten Szenarien steigt der Anteil der Wärmepumpen stark an und die Bedeutung von Wärmenetzen nimmt zu“, sagte Theile.
Im ersten Szenario übernehmen Netzbetreiber zusätzliche Garantien für die zukünftige Versorgung von neuen Gasheizungen mit Wasserstoff. Im zweiten Szenario werden einerseits mehr Wohngebäude an bestehende Wärmenetze angeschlossen und andererseits vermehrt neue Wärmenetze aufgebaut. Im dritten Szenario werden Garantien für eine Wasserstoffversorgung nur in Ausnahmefällen übernommen und primär bestehende Wärmenetze verdichtet, sodass Wärmepumpen häufig die zentrale Erfüllungsoption sind. In den betrachteten Szenarien steigt die Zahl der Wärmepumpen von 1,0 Millionen im Jahr 2020 auf bis zu 6,3 Millionen im Jahr 2030 an. Die Zahl der Wärmenetzanschlüsse könnte von 1,3 Millionen auf bis zu 2,2 Millionen steigen, wenn über die Bestandsverdichtung hinaus neue Wärmenetze aufgebaut werden. Die Anzahl der Öl- und Gasheizungen könnte um bis zu 30 Prozent sinken. Somit wäre eine Erreichung der sektoralen Klimaziele im Gebäudesektor auf Basis des GEG-Entwurfs grundsätzlich möglich.
Es zeichnet sich jedoch ab, dass der finale Gesetzestext sich vom Regierungsentwurf vom 19. April 2023 unterscheiden wird. Die Leitplanken der Regierungskoalition vom 13. Juni 2023 sehen vor, dass die Regelungen des GEG für Bestandsgebäude erst gelten, wenn die kommunale Wärmeplanung vorliegt. Die angedachten Zeithorizonte für die Fertigstellung sind Ende des Jahres 2026 (Städte >100.000 Einwohner) bzw. Ende des Jahres 2028 (Städte > 10.000 Einwohner). Weiterhin soll die Lebensdauer von alten Heizungen voraussichtlich nicht begrenzt werden. In diesem Fall würde es 2030 mehr Öl- und Gasheizungen geben, als in den Szenarien unterstellt.
Im zweiten Teil der Veranstaltung präsentierte Nicole Niesler, Senior Research Associate am EWI, kritische Erfolgsfaktoren bei der Umsetzung der Wärmewende. Die Entwicklungen in den Szenarien können nicht alle kritischen Erfolgsfaktoren bei der Umsetzung abbilden und würden beispielsweise zusätzliche Handwerkskapazitäten, höhere Investitionen von Haushalten und eine zügige Planung und Umsetzung neuer Wärmenetzvorhaben erfordern.
„Die steigende Sanierungstätigkeit und Installationen von Wärmepumpen erhöhen den Handwerksbedarf. Aktuelle Projektionen deuten auf stagnierende Kapazitäten bis zum Jahr 2030 hin, was zu höheren Kosten und längeren Wartezeiten führen könnte“, sagt Niesler. Auch der Zeitrahmen der kommunalen Wärmeplanung könnte die Umsetzung erschweren. Die Garantien für zukünftige Wärmenetzanschlüsse und Wasserstoffversorgung sollen gemäß GEG-Entwurf bereits ab dem Jahr 2024 erforderlich sein. Die Voraussetzung für diese Garantien sind in der Regel die kommunalen Wärmepläne, welche nach aktuellem Stand des Gesetzesentwurfs zur kommunalen Wärmeplanung erst bis Ende des Jahres 2026 bzw. 2028 vorliegen.
Die Leitplanken der Regierungskoalition vom 13. Juni 2023 würden diesen zeitlichen Konflikt auflösen, jedoch auf Kosten einer verzögerten Umsetzung des GEG-Entwurfs. Zudem führt eine pauschale Anpassung der Garantiefristen vom GEG-Entwurf dazu, dass auch in Gebieten, die für zukünftige Wärmenetzanschlüsse oder Wasserstoffversorgung unattraktiv sind, weiterhin neue Gasheizungen eingebaut würden.