Der Ausbau erneuerbarer Energien stockt in Deutschland und auch die Reduzierung des Energieverbrauchs kommt nicht wie gewünscht voran. Angenommen, das aktuelle Ambitionsniveau kann nicht deutlich gesteigert werden: Welche Folgen könnte das für die potenzielle Entwicklung des Gasbedarfs haben? Diese Frage hat das EWI im Auftrag des Chemieproduzenten INEOS in Köln in einer neuen Studie untersucht.
Die Studie identifiziert drei Schlüsselmechanismen zur Erreichung der Klimaziele. Erstens könnte der Energieverbrauch durch Suffizienz und Effizienz sinken. Zweitens verringert die Elektrifizierung des Endenergieverbrauchs – entweder direkt (durch Elektromobilität oder Wärmepumpen) oder indirekt (durch synthetische Kraftstoffe) – die Emissionsintensität des Energieverbrauchs. Dies funktioniert, wenn – drittens – die Emissionsintensität der Stromerzeugung durch einen höheren Anteil erneuerbarer Energien abnimmt.
Im nächsten Schritt werden in einer Metastudie normative Szenarien zur Erreichung nationaler Klimaziele untersucht. Normative Szenarien skizzieren, wie ein Weg zu einem bestimmten Ziel aussehen könnte – vorausgesetzt, dass alle dazu notwendigen Schritte umgesetzt werden. Doch Phänomene wie Rebound-Effekte, die langsame Adaption neuer Technologien und Akzeptanzprobleme werden häufig vernachlässigt. Dies könnte dazu führen, dass der Energiebedarf in normativen Szenarien unterschätzt wird. Daher wird ein Gedankenexperiment zum zukünftigen Energiebedarf durchgeführt. Hauptannahmen sind eine Fortsetzung des historischen Trends zur Reduzierung des Energieverbrauchs, ein begrenzter Ausbau der erneuerbaren Energien sowie ein Kohleausstieg in Deutschland. Dies hätte eine steigende Nachfrage nach Erdgas und einen steigenden Importanteil zur Folge, da die nationale Förderung rückläufig ist. Auch das nationale Klimaziel für 2030 würde höchstwahrscheinlich verfehlt.
Eine theoretische Alternative zu Gasimporten wäre die Erschließung unkonventioneller Gasquellen („Fracking“) in Deutschland, wie sie derzeit in den USA zu beobachten ist. Die Studie kommt jedoch zu dem Schluss, dass dies aufgrund von Umweltrisiken, mangelnder öffentlicher Akzeptanz und seiner geografischen Nähe zu günstigen und großen Gasreserven unwahrscheinlich ist. Sollte eine stärkere Diversifizierung der deutschen Gasversorgung angestrebt werden, um die Verhandlungsmacht der Produzenten zu verringern, sind größere Kapazitäten zum Import von LNG die praktikablere Alternative.