Bei der Sektorenkopplung geht es darum, den Energiesektor mit den Sektoren Industrie, Verkehr und Gebäude zu verbinden und dann gemeinsam zu optimieren. Wenn alle Sektoren miteinander vernetzt sind, so die Idee, dann kann mit Hilfe der erneuerbaren Energien der CO2-Ausstoß reduziert werden. Dabei können Speichertechnologien die volatilen erneuerbaren Energien ausgleichen.
In Deutschland gibt es im Energiesektor bereits einige Fortschritte bei der Sektorenkopplung: Der Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch steigt, die CO2-intensive Kohleverstromung wird schrittweise reduziert und spätestens im Jahr 2038 beendet. Die nationale Wasserstoffstrategie ebnet zudem den Weg für den Einsatz von klimaneutralen Brennstoffen in den Verbrauchssektoren.
In den drei so genannten Verbrauchssektoren Industrie, Verkehr und Gebäude gibt es bisher nur geringe Fortschritte bei der Dekarbonisierung, also der Reduktion von Treibhausgasen. Hier werden bisher besonders viele fossile Brennstoffe verwendet, entsprechend hoch ist der CO2-Ausstoß. Um weniger Treibhausgase auszustoßen, müssen diese drei Sektoren stärker auf erneuerbare Energieträger umgestellt werden. Erst wenn Industrie, Verkehr und Gebäude gemeinsam betrachtet und optimiert werden, lassen sich auch die CO2-Emissionen nachhaltig senken. Hier setzt die Sektorenkopplung mit zwei Strategien an.
Mit dem vom EWI entwickelten Gesamtenergiesystemmodell DIMENSION lässt sich das gesamte europäische Energiesystem betrachten. Zum Beispiel lassen sich mit Hilfe des Modells die optimalen kurz- und langfristigen Bereitstellungskosten für Strom, Wärme und synthetische Brenn- und Kraftstoffe im europäischen Gesamtsystem sektorenübergreifend ermitteln. Dabei werden Interdependenzen sowie politische, regulatorische und technologische Rahmenbedingungen berücksichtigt.
Ein Beispiel: Die Nachfrage nach Strom im Verkehrssektor steigert insgesamt die Nachfrage und damit den Strompreis. Dies wiederum sorgt für eine geringere Marktdurchdringung. Preise, Technologien und Energiebedarfe sind also Bindeglieder zwischen den verschiedenen Sektoren. In der gesamten Modellierung werden die Verbrauchssektoren Gebäude, Industrie und Verkehr detailliert abgebildet und in die Kostenoptimierung einbezogen.
Das EWI entwickelt und vergleicht Transformationspfade zu klimapolitischen Zielen für Deutschland bis 2050. Dabei arbeitet es in vielen Projekten eng mit Partnern aus allen Sektoren, Politik, Gesellschaft und Wissenschaft zusammen.
So könnte Deutschland den Ausstoß von Treibhausgasen stark reduzieren, wenn in allen Sektoren stärkere Anstrengungen unternommen würden. Dazu müssten erneuerbarer Energien ausgebaut und besser integriert, der Endenergieverbrauch durch umfassende Energieeffizienzanstrengungen gesenkt und synthetische Energieträger in großem Umfang eingesetzt werden. Ein breiter Technologie- und Energieträgermix ermöglicht dabei eine kostengünstigere und robustere Transformation des Energiesystems als eine komplette Elektrifizierung.
Auf dem Weg zur politisch angestrebten Klimaneutralität im Jahr 2050 müssen alle Sektoren die Emissionen deutlich senken – bis hin zur “Netto null”. Das EWI erforscht, welche Rolle neue politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen spielen – etwa in Bezug auf den Energieträger Wasserstoff. Es analysiert außerdem, welche Auswirkungen der “Green Deal” der Europäischen Kommission auf die nationalen Klimaziele hat und welche Herausforderungen sich im Hinblick auf die benötigten Technologien ergeben.
Im Rahmen von Gutachten und Studien arbeitet das EWI an der Entwicklung von klimaneutralen, innovativen und integrierten Szenarien für die Energiewende. Ziel ist es, sektorübergreifende konsistente Entwicklungspfade zu entwickeln, welche als Basis für unternehmerische und politische Entscheidungen dienen.