Liberale Strommärkte, neue Klimaziele, mehr erneuerbare Energien – das europäische Stromsystem verändert sich grundlegend. Erneuerbare Energien machen den Strom „grüner“ – bedeuten aber auch neue Herausforderungen für Strommärkte und Stromnetze.
Strom aus Wind und Sonne wird dezentral erzeugt. Wie viel Strom sie generieren, hängt vom Wetter ab. Die erzeugte Energie wird daher öfter falsch prognostiziert. Im Zuge der Sektorenkopplung beeinflusst auch die Wärmenachfrage die Strommärkte, beispielsweise durch kraftwärmegekoppelte Kraftwerke oder Wärmepumpen.
Das EWI erforscht im Bereich Strom, wie sich der deutsche und europäische Strommarkt und die Strompreise im Großhandel entwickeln und welche Kraftwerke optimalerweise in welchen Märkten eingesetzt werden. Das Institut simuliert den Wettbewerb auf Day-Ahead- und Regelleistungsmärkten auf Basis des EWI-Modells DIMENSION. So kann szenariengestützt analysiert werden, wie sich die Strommärkte entwickeln, beispielsweise Stromkapazitäten und -erzeugung oder hochaufgelöste Preiszeitreihen.
Nachgelagert lässt sich auch der Intraday-Markt simulieren: mit Hilfe historischer Prognosefehler und der Wahrscheinlichkeiten für Kraftwerksausfälle. So können sämtliche Strommärkte analysiert und sowohl der Kraftwerkseinsatz als auch resultierende Strompreise für Day-Ahead, Intraday und Regelleistung berechnet werden. Aufbauend auf den abgeleiteten Strompreisen können Kraftwerke-Assets betriebswirtschaftlich bewertet werden: etwa mit dem EWI-Modell EASE, das flexibel unterschiedliche Anlagen gegen Strompreise optimiert.
Die Rolle von Power-to-X-Brennstoffen im europäischen Wärmemarkt wird am EWI ebenfalls analysiert, ebenso wie die Konkurrenz der stromgetriebenen Wärmetechnologien zu anderen Flexibilitätsoptionen. Die Forschung spielt sich aber nicht nur auf der System-, sondern auch auf der individuellen Ebene ab, etwa zu optimalen Entscheidungen von Haushalten über Investitionen in und den Einsatz von Heizungsanlagen.
Im EWI-eigenen Modell DIMENSION ist der Wärmesektor mit mehr als 70 Wärmetechnologien in 28 Staaten detailliert abgebildet. Neben reinen Fernwärmekraftwerken (wie zentrale gasbetriebene Wärmepumpen oder reine Heizkessel, differenziert nach Brennstoffen) sind auch Kraftwärmekraftwerke (KWK) modelliert, die flexibel Strom und Wärme gleichzeitig erzeugen.
Mit dem EWI-Modell COMODO lassen sich auch einzelne Haushalte und deren Reaktion auf unterschiedliche Preiskomponenten wie variable Netzentgelte analysieren. Dazu werden zunächst Konsumentenklassen geclustert, zum Beispiel anhand technischer (u.a. Strom- und Wärmeanlage sowie verfügbare Dachfläche) sowie sozio-ökonomischer Eigenschaften (z.B. Einkommen, Präferenzen). Die repräsentativen Haushalte optimieren ihre Wärmenachfrage sowie ihre Investitionen in Technologien, etwa PV-Module, Mikro-KWK, Wärmepumpen, Elektromobilität und Speicher.
Außerdem untersucht das EWI Wechselwirkungen zwischen haushaltlichen Einzelentscheidungen und dem Strommarkt. Dazu werden die Entscheidungen einzelner Haushalte auf Länderebene aggregiert und die Modelle COMODO und DIMENSION miteinander gekoppelt.
Das EWI bietet außerdem kurzfristige Ansätze wie die Analyse der Einsatzreihenfolge konventioneller Kraftwerke (Merit-Order) oder maßgeschneiderte Lösungen für Kunden wie große Stromversorger oder öffentliche Institutionen an.