Mit der Energiewende scheiden immer mehr konventionelle Kraftwerke wie Kohle- oder Kernkraftwerke aus dem Markt aus. Ersetzt werden sie durch dezentrale, fluktuierend einspeisende Anlagen, die Strom aus Wind oder der Sonnenstrahlung gewinnen. Damit das Energiesystem stabil bleibt (z.B. Frequenz), müssen diese Erneuerbare-Energien-Anlagen intelligent miteinander vernetzt werden.
Sogenannte virtuelle Kraftwerke (VKWs) können diese Aufgabe übernehmen: Sie fassen viele EE-Anlagen zu einem größeren, virtuellen Kraftwerk zusammen. So lässt sich ihr dezentral verteiltes Flexibilitätspotenzial besser vermarkten. Virtuelle Kraftwerke sind also das Bindeglied zwischen dem dezentralen Netz und zentral organisierten Strommärkten.
Es gibt aber nicht nur mehr dezentrale Erzeugungsanlagen, sondern auch mehr dezentrale Anlagen und Geräte, die Strom verbrauchen, wie Elektrofahrzeuge oder Wärmepumpen. Das stellt insbesondere Verteilnetzbetreiber vor große Herausforderungen.
Regionale VKWs helfen hier, das wachsende Potenzial an Flexibilität auf der einen Seite und den wachsenden Bedarf von Erzeugungs-, Speicher- und Verbrauchsanlagen auf der anderen Seite zu koordinieren. Regionale VKWs binden in den Verteilnetzen (Haushalts-)Erzeuger und steuerbare Verbraucher ein. Sie steuern und vermarkten diese an den Strommärkten.
Das EWI bietet eine umfassende Modelllandschaft, um Netze, Märkte, Energiesystementwicklungen und die Diffusion einzelner Technologien abzubilden.
Im Zuge des QUIRINUS-Projektes bewertet das EWI quantitativ/volkswirtschaftlich die Bedeutung von VKWs in der künftigen Stromversorgung auf Gesamtsystemebene: Wie kann die Flexibilität regionaler VKWs zur Integration erneuerbarer Erzeugung beitragen? Und wie können regionale VKWs den Bedarf an gesicherter Leistung verringern? Durch die detaillierte Abbildung des Übertragungsnetzes im EWI-eigenen Modell SPIDER kann der Mehrwert von VKWs auf Markt- und Transportebene regional hochaufgelöst bestimmt werden.
Auch die individuelle, betriebswirtschaftliche Perspektive auf regionale VKWs beleuchtet das EWI. Durch die Kopplung eines Verteilnetzmodells und EASE, einem Tool zur Asset-Bewertung, hat das Institut zum Beispiel im Virtuellen Institut Smart Energy (VISE) mögliche Geschäftsmodelle dieser virtuellen Kraftwerke identifiziert und hinsichtlich ihrer betriebswirtschaftlichen Potenziale analysiert. Insgesamt werden drei mögliche Geschäftsmodelle unterschieden:
Das EWI untersucht außerdem, inwieweit die unterschiedlichen Geschäftsmodelle im Kontext aktueller und zukünftiger Regulatorik umsetzbar sind. Die Konfiguration der Haushalte, deren Flexibilität in regionalen VKWs vermarktet wird, basiert auf den Analysen des EWI-eigenen Modells COMODO, welches den Diffusionsprozess dezentraler Erzeugungstechnologien simuliert. Erforderliche zukünftige Preiszeitreihen werden durch das Simulationsmodell DIMENSION bestimmt.
Lokale Marktmechanismen sind ein weiterer Ansatz, Flexibilitätsbedarfe durch die lokale Zusammenführung von Angebot und Nachfrage zu decken. Hier gibt es keine VKWs, die als Intermediär zwischen zentralen Märkten und dezentralen Netzen dienen. Das EWI entwickelt in diesem Kontext ein Machine-Learning-basiertes Simulationsmodell, das die vollständige dezentrale Entscheidungsfindung modellieren soll. Damit kann dann die Wirtschaftlichkeit gegenüber VKWs untersucht werden.